Tschö, CeBIT – Der Tod eines Symbols

Blick in Messehalle mit Ständen

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Liebe Digitalgemeinde,

nun gilt es also, von einer Institution Abschied zu nehmen, aber es geht es um so viel mehr…

Die CebIT ist nicht mehr. Aus, vorbei. Vor dem endgültigen Sturz in die Bedeutungslosigkeit hat die Deutsche Messe den Stecker gezogen. Eine gute und richtige Entscheidung; für die nun von einstigen Ausstellern und Fans der Messe vergossenen Krokodilstränen besteht kein Anlass.

Nun ja, etwas wehmütig kann es einem schon ums Herz werden. Einst waren es heilige Hallen in Hannover, in die sich zu besten CeBIT-Zeiten fast 800.000 Besucher quetschten, um den heißesten Scheiss der Informations- und Kommunikationstechnologie zu bewundern. Freiwillig standen wir uns in den überfüllten ICEs gen Hannover auf den Füßen oder quälten uns in Stop-and-go-Manier mit dem Auto Richtung Messegelände. Eine Kaschemme in Lüneburg oder Essen hielten wir zeitweilig tatsächlich für ein Hotel in „Messenähe“. Und was haben wir über die ganzen Tüten- und Prospektsammler geflucht, die uns Profis das Messeleben erschwerten…

Messe des 20. Jahrhunderts

Ich vermute mal, dass der in Teilen der Branche laut zu vernehmende Abschiedsschmerz aus dieser IT-Romantik rührt. Mit den realen Gegebenheiten kann er jedenfalls nichts zu tun haben. Die CeBIT war ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Aber was waren das für Zeiten, als Bill Gates „Windows 95“ präsentierte und sich 755.000 Besucher durch die Hallen schoben. Damals war die CeBIT als Marktplatz der Technologien wirklich relevant. Nur dort konnten wir uns einen Überblick über die Innovationen verschaffen, nur dort kristallisierte sich heraus, was Digitalisierung für die Wirtschaft bedeutete. Seither ging es stetig bergab, und 2018 war mit 120.000 Teilnehmer der absolute Tiefpunkt erreicht. Kein Wunder, zwischen den jährlichen Messeterminen liegen mittlerweile mehrere Innovationszyklen. Weder Anbieter noch Nutzer können es sich leisten, ein Jahr lang auf die nächste CeBIT zu warten. Außerdem, allen Vorträgen Diskussionen und Keynotes zum Trotz, hat sich die CeBIT nie als Forum für die notwendige Debatte über die Auswirkungen, Chancen und Risiken der Digitalisierung etablieren können.

So frisst die Digitalisierung denn ihre Kinder; oder anders gefragt: Ist die CeBIT ist ein fälliges Opfer des digitalen Darwinismus? Wer dem technologischen Fortschritt oder dem sich wandelnden Kundenverhalten nicht folgen kann, der kippt aus dem Markt. Das ist schon anderen Ikonen passiert. Kodak zum Beispiel, oder einst strahlenden Handelshäusern wie Neckermann oder Quelle. Aktuell fegt die fünfte industrielle Revolution fwie ein Wirbelwind durch die Versicherungsbranche, die Finanzwelt sowie die Automobilindustrie. Der Ausleseprozess ist, wie schon Darwin wusste, gnadenlos – und nicht auf Unternehmen und Marken beschränkt.

Fokus auf Erde5.0

Wenn das plötzliche Ableben der CeBIT also einen Sinn haben soll, dann als Mahnung. Mit der Messe geht ein Symbol, ein einstiger Leuchtturm des Technologielandes Deutschland. Jetzt müssen wir aufpassen, dass angesichts der Digitalträgheit in Politik, Gesellschaft und Teilen der Wirtschaft nicht der ganze Wirtschaftsstandort diesem traurigen Beispiel folgt. Das bedeutet:

Die Digitalisierung muss endlich auch in den Bilanzen der Unternehmen auftauchen. Disintegration (Plattformökonomie), Disaggregation (Sharing- und Serviceökonomie) und Dematerialisierung (Software, das Internet der Dinge und Apps) bilden die Basis für datengetriebene, digitale Geschäftsmodelle einziehen. Die „Hidden Champions“ müssen sich aus der Komfortzone bewegen und die Chancen des technologischen Wandels und der Digitalisierung ergreifen. Und wir müssen zum Wohle aller in großen Zusammenhängen, im Kontext der drängenden Fragen handeln. Die Digitalisierung ist der vielversprechendste Weg, die vor uns liegenden Herausforderungen der Erde 5.0 wie den Klimawandel, den Ressourcenverbrauch, die Umweltverschmutzung, die Ungleichheit sowie die Fluchtursachen zu verstehen, neu zu denken und letztlich zu meistern. Die Zeit dazu jetzt!

In diesem Sinne: Tschö CeBIT, war lange schön und aufregend mit Dir!

03/12/2018|News|