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Mein Buch Erde 5.0 veröffentlichte ich vor knapp zwei Jahren. Eigentlich wollte ich unter der Überschrift „New Purpose“ nun einige Kapitel dazu ergänzen. Ich begann zu schreiben und stellte dabei fest: Die Welt hat sich seitdem radikal verändert.

Damals erklärte ich, dass die Geschwindigkeit der Veränderung niemals wieder so langsam sein wird wie vor zwei Jahren. Gilt das auch jetzt noch in Zeiten der Corona-Pandemie? Der Wandel der Gesellschaft hat noch einmal den „Turbo“ eingelegt.

Stillstand als Chance begreifen

Wer an Stillstand denkt, glaubt zunächst an einen Rückschritt. Still zu stehen und inne zu halten ist jedoch auch als Chance zu sehen. Durch Stress und Hektik im Alltag verlieren wir schnell den Überblick. Dabei bleiben viele Gedanken auf der Strecke. Wir verdrängen sie als unwichtiges Thema, um die Herausforderungen des unaufhaltsamen Alltags zu bewältigen. Für neue Ideen und ein Umdenken finden wir viel zu häufig keine Zeit.

Der Ausbruch und die Verbreitung des Corona-Virus verändern nun unseren Alltag. Wir entschleunigen und können viele gewohnte Tätigkeiten im Moment nicht ausführen oder Freizeit wie bisher erleben. Führen diese neuen Rahmenbedingungen zu einem anderen Bewusstsein, was wirklich in diesem Leben und auf der Welt zählt? Handeln wir zielgerichteter? Machen wir uns anders Gedanken über das Klima oder das gemeinsame Zusammenleben? Es wäre an der Zeit, denn Gesundheit und Sicherheit sind die Basis für unser zukünftiges Wohlergehen.

Die Corona-Pandemie hält uns die Bedeutung dieser Faktoren vor Augen. Gut daran ist, dass wir selbst darüber bestimmen, wie gut es uns geht. Obwohl zahlreiche Aktivitäten durch Corona gerade unmöglich scheinen, eignet sich im gesellschaftlichen Zusammensein der gefühlte Stillstand als Beschleuniger. Das zeigt sich in der Corona-Krise in zweifacher Hinsicht durch die gelebte Solidarität. Menschen gehen einkaufen, um Menschen aus Risikogruppen vor Corona zu schützen. Sie besuchen den Händler im Viertel. Um den lokalen Handel zu fördern, zauberten Kommunen oder private Netzwerke digitale Plattformen aus dem Hut. Die Digitalisierung hilft in der Krise und wer diesen Weg mitgeht, verhindert digitalen Darwinismus. Wir müssen uns reflektieren und lernen, was uns hilft, wenn die Welt quasi stillsteht.

Corona-Krise als notwendiger Wendepunkt

Corona hat uns zu einem Stillstand gezwungen. Gleichzeitig offenbart uns das Virus die Versäumnisse der letzten 30 Jahre. Es wirkt wie ein Brandbeschleuniger und enthüllt schonungslos die Makel der Gesellschaft und Wirtschaft. Über Jahrzehnte ignorierten wir aufkommende Krisen. Nun beschäftigen wir uns mit Klimawandel, Artensterben, zunehmender Migration, Umweltzerstörung, Massenhaltung von Tieren oder Dieselskandalen. War dieser globale Notstand, den wir nun erleben, wirklich unvermeidbar? Die Natur versucht sich gegenüber der Menschheit zu behaupten. Es scheint, dass sie ein Exempel statuieren will.

Wir sind plötzlich gezwungen, über uns selbst nachzudenken und das bisherige System zu hinterfragen. Die Ereignisse und Konsequenzen des Virus sind hart. Sie bieten uns aber auch die Chance für einen Neuanfang. Wir sortieren uns neu und erkennen die Ursachen für unsere Probleme. Wir lösen sie, anstatt lediglich ihre Symptome zu betäuben.

Ist Stillstand eine Chance für Weiterentwicklung?

Die Einschränkungen zur Eindämmung von Corona verhindern das persönliche Zusammensein mit Freunden und Kollegen. Erst jetzt merken wir, welche Bedeutung dem Internet und der Digitalisierung zukommt. Wir erkennen den Wert der Infrastruktur für zukünftigen Wohlstand.

Die These klingt hart, aber wer Digitalisierung ignoriert oder sie nicht beherrscht, entzieht sich in Zukunft dem Miteinander. Es spielt dafür auch keinerlei Rolle, ob der Zugriff auf das Internet nicht existiert oder die Infrastruktur zu schlecht ist. Die Beispiele für diese Auffassung erleben wir im Moment täglich. Es heißt Home Office oder gar keine Arbeit, Video-Konferenz oder gar kein Zusammentreffen.

Einige Politiker denken erstmalig tatsächlich darüber nach, Internet und den Zugang zum Netz als Menschenrecht zu definieren. Das allgemeine Verständnis für die Tragweite des aktuellen Wandels wächst. Digitalisierung und technologischer Fortschritt sind der Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Es ist der Ausweg aus dem Dilemma.


New Purpose - Stillstand als Beschleuniger - Karl-Heinz Land

Booklet „Stillstand als Beschleuniger“ mit Blick auf die Corona-Krise

In einigen Jahren sprechen wir vermutlich über die Zeit vor der „großen Transformation“. Wir beziehen uns dabei auf die Phase vor der ersten Corona-Pandemie. Der Wandel betrifft Bereiche unseres Lebens, der Arbeit und der gesamten Gesellschaft. Ich hoffe, dass wir jetzt die richtigen Erkenntnisse gewinnen und die nötigen Entscheidungen treffen. Deutschland ist gut darin, die Dinge richtig zu machen, aber nicht gut, auch die richtigen Dinge umzusetzen. In der aktuellen Situation müssen die richtigen Dinge richtig gut umgesetzt werden. Anders sind die vor uns liegenden Herausforderungen nicht im Ansatz zu bewältigen.

In meinem Booklet „Stillstand als Beschleuniger“ betrachte ich die Corona-Krise ganzheitlich. Die Krise bedroht die Menschheit und viele Existenzen. Ohne Verständnis aller Zusammenhänge fehlt die Grundlage für passende Maßnahmen gegen die Folgen der Corona-Krise. Was passiert ist kein Zufall. Es ist eine logische Konsequenz unserer globalen Aktivitäten. Es hängt alles zusammen und führt zu Konsequenzen.

Harald Lesch hat einmal korrekterweise gesagt: „Wir sprechen immer von Umwelt – eigentlich müsste es aber Mitwelt heißen. Denn die Natur kann ohne den Menschen ganz gut, der Mensch aber nicht ohne seine Mitwelt leben. Wir müssen endlich begreifen, dass wir Teil des Ganzen sind und nicht über den Dingen stehen.“

New Purpose – Zeit für Wechsel der Perspektive

Ich lade Sie ein, die Blickrichtung zu wechseln. Wenn wir die Perspektive verändern, erkennen wir neue Dinge. Platon hat diesen Aspekt in der antiken Philosophie in seinem Gleichnis der Schatten in einer Höhle dargestellt. Die Welt ist bunt und besteht nicht nur aus schwarzen Schattengestalten an der Höhlenwand.

Wir sollten also gedanklich die Höhle verlassen, um die Welt anders zu betrachten. Dazu gehören auch die Sichtweisen anderer Menschen und insbesondere die von vermeintlich Andersdenkenden. Ein Witz aus Kindertagen fällt mir dazu ein, der diesen Aspekt bildhaft vermittelt:

Auf dem Gehweg neben einer Straße spricht ein Junge einen Passanten an. „Entschuldigen Sie bitte, können Sie mir sagen, wo ich die andere Straßenseite finde?“ Erstaunt antwortet der Passant: „Na klar, dort drüben.“ Der Junge fängt bitterlich an zu weinen und sagt, „Das kann doch nicht wahr sein. Die von dort drüben schicken mich immer hierüber!“

Wahrheit nicht als einzige Wahrheit deuten

Wir suchen oft nach der einen korrekten Wahrheit. Doch sie existiert nicht. „Wahrheit ist nie absolut, sie ist immer historisch“ lautet ein Zitat aus der NZZ vom August 2020. Tatsachen sind abhängig von ihrer Zeit sowie religiösen und politischen Ansichten. Lässt die Gesellschaft nur eine Wahrheit zu, endet das in Konfessionskriegen, die wir aus dem 16. und 17. Jahrhundert kennen. Daher muss sich jede Gesellschaft entscheiden, ob sie in Wahrheit oder in Frieden leben will. Dogmen helfen hierbei leider nicht.

Ich wünsche Ihnen beim Lesen viel Spaß, Gedankenspielereien und Mut.

Ihr Karl-Heinz Land

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